Accessibility Overlays: Warum sie mehr Datenschutzrisiko als Inklusionshilfe sind

Einleitung

Ob Screenreader, Kontrastanpassung oder Tastatur-Navigation: Accessibility Overlays versprechen, Websites mit wenigen Klicks barrierefrei zu machen. Doch was als inklusive Lösung gedacht ist, kann schnell zur Datenschutzfalle werden. Viele dieser Tools greifen tief in die Nutzerinteraktion ein, erfassen Gewohnheiten oder speichern Daten ohne ausdrückliche Einwilligung. In diesem Beitrag zeigen wir, warum Overlay-Lösungen problematisch sind – und wie echte Barrierefreiheit DSGVO-konform gelingen kann.

Was sind Accessibility Overlays?

Accessibility Overlays sind Skripte oder Plugins, die auf Websites eingebunden werden, um die Bedienbarkeit für Menschen mit Einschränkungen oder Behinderungen zu verbessern. Sie bieten Funktionen wie:

  • Schriftgrößenanpassung
  • Kontrastmodi
  • Vorlesefunktionen
  • Tastatursteuerung
  • visuelle Fokusmarkierungen

Diese Tools werden oft als schnelle, “out-of-the-box”-Lösung beworben. Doch gerade die Einfachheit birgt erhebliche Risiken – insbesondere beim Datenschutz.

Datenschutzrisiken im Überblick

1. Erfassung sensibler Gesundheitsdaten

Wenn ein Overlay erkennt, dass ein*e Nutzer*in z. B. einen Screenreader verwendet, liegt bereits ein Hinweis auf eine potenzielle Behinderung vor. Diese Information gilt laut Artikel 9 DSGVO als besonders schützenswert und darf nur mit ausdrücklicher Einwilligung verarbeitet werden.

2. Tracking ohne Einwilligung

Einige Overlays speichern individuelle Einstellungen (z. B. Schriftgröße oder Kontrast) über Cookies oder synchronisieren sie mit Drittanbieter-Servern – ohne dass Nutzer*innen darüber informiert werden oder zustimmen können.

3. Fehlende Transparenz

Viele Anbieter informieren weder in ihrer Datenschutzerklärung noch über das Overlay selbst, welche Daten wie verarbeitet werden. Das verstößt gegen die Transparenzpflichten der DSGVO.

4. Einschränkung assistiver Technologien

Laut über 900 Accessibility-Expert*innen stören Overlay-Tools häufig die Funktionsweise von Screenreadern oder Tastatur-Navigationshilfen und schaffen mehr Barrieren als Lösungen.

5. Rechtliche Risiken für Websitebetreiber Die amerikanische Federal Trade Commission (FTC) hat bereits Verfahren gegen Overlay-Anbieter angestrengt. Auch in der EU drohen Abmahnungen, wenn personenbezogene Daten ohne Rechtsgrundlage verarbeitet werden.

Praxis-Tipps: Barrierefreiheit DSGVO-konform umsetzen

  1. Barrierefreiheit von Anfang an mitdenken
    Nutzen Sie barrierefreie HTML-Standards (z. B. ARIA-Roles, semantische Struktur). So wird Ihre Website auch ohne Overlay zugänglich.
  2. Keine sensiblen Daten ohne Einwilligung erfassen
    Verzichten Sie auf automatische Erkennung assistiver Technologien. Falls dies technisch notwendig ist: Einwilligung einholen und dokumentieren.
  3. Datenschutzfreundliche Tools prüfen
    Wenn ein Overlay notwendig ist, achten Sie auf Anbieter mit europäischem Serverstandort, klarer Datenschutzerklärung und Cookie-Consent-Integration.
  4. Datenschutzerklärung anpassen
    Informieren Sie transparent, ob und welche Funktionen personenbezogene Daten erfassen oder speichern.
  5. Manual First: Lassen Sie prüfen
    Beauftragen Sie regelmäßig menschliche Accessibility-Tests. Automatisierte Lösungen erkennen nur ca. 30–40 % der Probleme.

Statistik: Kritik an Overlay-Lösungen wächst

Kritik an Accessibility Overlays

Mehr als 900 internationale Expert*innen aus dem Bereich Barrierefreiheit – darunter Menschen mit Behinderungen sowie führende UX- und Accessibility-Fachleute – haben das öffentliche Overlay Fact Sheet unterzeichnet. Darin sprechen sie sich deutlich gegen den Einsatz von Accessibility Overlays aus. Kritisiert werden insbesondere:

  • technische Einschränkungen für Screenreader
  • Datenschutzprobleme
  • mangelnde Transparenz bei der Datenverarbeitung
  • sowie die Illusion von Barrierefreiheit, ohne tatsächliche Verbesserungen

Die Unterzeichner*innen betonen: „Overlays sind kein wirksames Mittel zur Gewährleistung von Barrierefreiheit – in diesem Punkt sind sich alle unten genannten Personen einig.“ Quelle: https://overlayfactsheet.com/de/

Fazit: Inklusion ja, aber bitte datenschutzkonform

Accessibility und Datenschutz müssen keine Gegensätze sein. Wer echte Barrierefreiheit schaffen möchte, sollte auf durchdachte technische Lösungen, Transparenz und Einwilligung setzen – nicht auf schnell eingebundene Tools mit unklarer Datenverarbeitung. Denn echte Inklusion beginnt mit Respekt vor den Rechten aller Menschen.

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